von Denise Pätzold

Gesundheit & Ernährung

Muskeltraining gilt längst nicht mehr nur als Mittel zur Steigerung der körperlichen Fitness oder zur Formung des Körpers. Immer mehr Studien belegen, dass regelmäßige Muskelaktivität tiefgreifende Auswirkungen auf unser hormonelles Gleichgewicht hat – mit positiven Folgen für das Immunsystem, die Heilung von Entzündungen und sogar zur Unterstützung bei chronischen Erkrankungen wie Rheuma oder Krebs.

Die hormonelle Wirkung von Muskeltraining

Beim Muskeltraining wird eine Vielzahl hormoneller Prozesse im Körper in Gang gesetzt.

Zu den wichtigsten gehören:

  • Erhöhung von Testosteron und Wachstumshormonen: Krafttraining regt die Ausschüttung von Testosteron und des Wachstumshormons HGH (Human Growth Hormone) an. Beide sind essenziell für den Muskelaufbau, die Regeneration und den Fettstoffwechsel.
  • Insulinempfindlichkeit verbessert sich: Regelmäßige Muskelarbeit erhöht die Aufnahme von Glukose in die Muskelzellen, was den Blutzuckerspiegel stabilisiert und das Risiko für Typ-2-Diabetes senkt.
  • Reduktion von Stresshormonen: Körperliche Aktivität hilft, den Cortisolspiegel (Stresshormon) zu regulieren. Ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel ist schädlich für das Immunsystem und begünstigt Entzündungen – Muskeltraining wirkt dem entgegen.

Doch es sind nicht nur klassische Hormone, die eine Rolle spielen. Besonders faszinierend ist die Rolle der sogenannten Myokine, die in den letzten Jahren zunehmend in den Fokus der Forschung gerückt sind.

Myokine – die Botenstoffe der Muskeln

Myokine sind hormonähnliche Botenstoffe, die von der Muskulatur während und nach dem Training freigesetzt werden. Man könnte sie als "Sprache der Muskeln" bezeichnen – eine Form der Kommunikation zwischen Muskulatur, Immunsystem, Gehirn und anderen Organen.

Myokine bei Rheuma und Krebs: Bewegung als Medizin

Regelmäßige körperliche Aktivität hat sich in den letzten Jahren zunehmend als wirksame unterstützende Maßnahme bei chronischen Erkrankungen wie Rheuma und Krebs etabliert. Besonders das gezielte Muskeltraining spielt hierbei eine zentrale Rolle – nicht nur wegen seiner mechanischen Effekte, sondern vor allem aufgrund seiner tiefgreifenden Wirkung auf das Immunsystem und den Hormonhaushalt.

Bei rheumatischen Erkrankungen wie der rheumatoiden Arthritis steht eine chronische Entzündung im Mittelpunkt, die nicht nur Gelenke, sondern den gesamten Körper betreffen kann. Früher wurde Patientinnen und Patienten oft geraten, sich zu schonen. Heute weiß man, dass moderate, gezielte Bewegung entscheidend dazu beiträgt, Entzündungsprozesse zu regulieren und Schmerzen zu lindern. Verantwortlich dafür sind unter anderem die sogenannten Myokine – hormonähnliche Botenstoffe, die von den Muskeln während des Trainings ausgeschüttet werden. Sie wirken wie natürliche Regulatoren des Immunsystems und helfen, überaktive Entzündungsreaktionen zu dämpfen. Besonders das Myokin Interleukin-6 zeigt dabei im sportlichen Kontext eine entzündungshemmende Wirkung, die sich positiv auf den Krankheitsverlauf auswirken kann.

Auch in der Krebsmedizin rückt körperliche Aktivität zunehmend in den Fokus. Studien belegen, dass Bewegung nicht nur das allgemeine Wohlbefinden während und nach der Krebstherapie verbessert, sondern auch direkt auf zellulärer Ebene wirkt. Die durch das Training freigesetzten Myokine beeinflussen das Tumormilieu, hemmen Wachstumsprozesse bösartiger Zellen und fördern die körpereigene Immunabwehr. Gleichzeitig helfen sie, die Nebenwirkungen intensiver Behandlungen wie Chemotherapie oder Bestrahlung besser zu verkraften und die Lebensqualität zu erhalten. Besonders interessant ist, dass körperlich aktive Menschen nach einer Krebsdiagnose oft eine bessere Prognose haben – mit geringerer Rückfallquote und höherer Überlebensrate.

Sowohl bei Rheuma als auch bei Krebs lässt sich also feststellen: Bewegung ist mehr als nur gesund – sie ist ein wichtiger therapeutischer Faktor. Muskeltraining wird so zu einer Art innerer Medizin, die den Körper nicht nur stärkt, sondern ihn auch befähigt, aktiv gegen Krankheitseinflüsse vorzugehen.

 

Fazit: Muskeln als hormonaktive Organe

Unsere Muskeln sind weit mehr als mechanische Kraftwerke – sie sind hormonaktive Organe mit enormem Einfluss auf unsere Gesundheit. Durch gezieltes Muskeltraining können wir nicht nur unsere Kraft und Ausdauer verbessern, sondern auch unser Hormonsystem positiv beeinflussen. Die Freisetzung von Myokinen ist ein zentrales Element dabei: Sie wirken entzündungshemmend, heilungsfördernd und können sogar bei schweren Erkrankungen unterstützend eingesetzt werden. Muskeltraining ist also nicht nur ein Lifestyle-Faktor – es ist Medizin.

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